Charmante Französin

“Cathérine préfère l’hébergement chez l’habitant (professeur) plutôt que l’hôtel“ stand da in ihrer E-mail, was heißt, dass sie lieber privat als in einem Hotel untergebracht werden möchte. Ich fand diese Tatsache kurios und wiederum amüsant, also ließ ich mich voller Neugierde darauf ein. Das Schlimmste waren die bittere Kälte und die Straßenglätte, als ich Catherine am Tornescher Bahnhof abholte, sie selbst war so, wie man sich eine Südfranzösin vorstellt: dunkle, funkelnde Augen, dunkler Teint und schwarze Locken. Sie war sanft, höflich, unkompliziert und feinfühlig ihren Mitmenschen gegenüber und dieses sollte sich auch im Verlauf des Abends nicht ändern.

Dieselbe Sicherheit haben ohne Zweifel auch unsere SchülerInnen an Catherine bemerkt: Sie zog das Publikum schnell in ihren Bann, wir hingen an ihren Lippen, denn wir wollten ja sie und die fremde Sprache verstehen, nicht den Faden verlieren und wollten wie alle anderen am Ende jeder Geschichte über die Auflösung lachen oder traurig sein. Man fühlte sich wie das jung verheiratete Mädchen, das zwischen zwei Provencedörfchen durch ein Waldstück ging, auf dem Kopf einen Korb voller frischer Feigen haltend und genüsslich davon essend. Jede von Catherines Fingerspitzen, die eine imaginäre Feige hielten, unterstrich graziös das gesprochene Wort. So verstand man schnell, dass “figue“ – Feige und “ loup“ – Wolf heißen muss, und dass es von beiden noch genug in Südfrankreich gibt.

Wir lachten über den Mann, der sich zum ersten Mal in seinem Leben eine Hose gekauft hatte, nur zu lang war sie. Bei so viel Autonomie fühlten sich seine drei Frauen (Mutter, Ehefrau und Tochter) übergangen und weigerten sich, die Hose zu kürzen. Lange hielt aber keine aus und nacheinander schnitt jede heimlich ein Stück ab und nähte es um. Auf diese Art und Weise kam der Pascha zu einer Bermuda-Shorts.

Es ist offensichtlich, dass Catherine die Kunst des Erzählens gelernt hat und beherrscht. Ich drücke ihr die Daumen, dass ihr Traum in Erfüllung geht und sie zum Welt-Gipfeltreffen der frankophonen Länder nach Quebec eingeladen wird, da sie sich um die Verbreitung der französischen Sprache außerordentlich verdient macht.

G. Bekemeier