Mängel überall
Als erster Jahrgang und somit als Versuchskaninchen haben wir die zweifelhafte Ehre, unser Abitur mit Hilfe der Profiloberstufe zu erreichen. Statt Leistungs- und Grundkurse wählten wir eines von vier möglichen Profilen. Theoretisch ist ein Profil eine Zusammenstellung verschiedener Fächer, deren Anspruch es ist, gleichzeitig Fächer aller Aufgabenfelder abzudecken und dennoch die Spezialisierung auf ein Aufgabenfeld zu ermöglichen. Praktisch geht der Verlust der Wahlfreiheit mit eher geringen Unterschieden zwischen den Fächerkombinationen einzelner Schüler einher. Vergleicht man innerhalb eines Profils die Anteile der verschiedenen Fächer, so ist die als Ziel ausgegebene fachliche Orientierung in den wenigsten Fällen offenkundig. Beispielsweise entfallen im Physik-Profil acht Wochenstunden auf das naturwissenschaftliche Aufgabenfeld, auf das gesellschaftswissenschaftliche ebenso viele. Die Möglichkeit zur Spezialisierung zwecks angemessener Vorbereitung auf das Studium ist damit nicht mehr gegeben.
In den Köpfen der Lehrer ist die Profiloberstufe noch nicht verwirklicht. Gerade in den Gesellschaftswissenschaften zeigt sich die Tendenz, alte Leistungskursmaßstäbe anzulegen, die heute jedoch realitätsfern erscheinen. Im Gegensatz dazu stehen bestimmte naturwissenschaftliche Fächer im Klassenverband, die für die Mehrzahl der Schüler nur noch zum Füllen der Lücken im Stundenplan dienen und deren Lehrer im Kampf gegen die Ignoranz längst resigniert haben – für aufrichtig Interessierte eine Katastrophe ohnegleichen. Offen zeigt sich die Absurdität des Systems in den erst lang und breit angekündigten und dann urplötzlich zurückgezogenen schriftlichen Extraleistungen für die Oberstufe. Dieser fast peinliche Änderungsversuch ist nur eine von zahlreichen Modifikationen während der laufenden Oberstufe, die in der Schülerschaft Unsicherheit und Unmut erzeugen. So wurden die Abiturrichtlinien für das Fach Sport derart verändert, dass einige Schüler des Kurses Sport-Theorie, nachdem sie das Fach bereits anderthalb Jahre belegt hatten, sich zum Aufgeben gezwungen sahen. Trotz der vielen offensichtlichen Mängel der Profiloberstufe weist das Ministerium die daraus resultierenden Nachteile als unbegründet zurück. Gerade vor diesem Hintergrund scheint der von einigen geforderte Nachteilsausgleich illusorisch. Wir befürchten, dass wir für unseren Abiturschnitt im Vergleich mit dem Kurssystem eine Verschlechterung von rund 0,3 erwarten, und das bei gleichzeitig sinkenden Kenntnissen. Dadurch wird gerade in Numerus-Clausus-Fächern der Zugang zur Universität erschwert. Ágnes K.-G. (12b) und Lukas W. (12c) |
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