Dass Außenpolitik ein ganz schön harter Brocken ist, stellten wir fest, als wir uns im Rahmen des Planspiels „POL&IS“ plötzlich mit jeder Menge außen- und sicherheitspolitischen Thematiken konfrontiert sahen. Friedenssicherung, das Schließen von Militär- und Wirtschaftsbündnissen, Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung, UN-Mandate, Krisenbewältigung und noch viel mehr standen während der inszenierten Versammlungen auf dem Tagesplan. Abseits der offiziellen Verhandlungen gab es Intrigen, Unterwanderung, Aufrüstung und einige durchaus kriegswillige Mitgliedsstaaten. Eine einwandfreie, wenn vielleicht auch etwas überspitzte, Abbildung der Realität also. Uns wurde Politik in all ihrer Komplexität anvertraut und wir meisterten die sich ergebenden Aufgaben größtenteils mit Bravour. Trotzdem konnte am Ende nur mit viel Mühe der Ausbruch eines Weltkrieges verhindert werden. Diese im letzten Moment gebannte Gefahr ging wie üblich von vom Größenwahn getriebenen Regierungen aus, die die Weltherrschaft im Visier hatten. Glücklicherweise war „unsere“ UNO sehr engagiert und konsequent im Ringen um den Frieden und jeder Pazifist wäre glücklich über die grandiose diplomatische Schlichtungsarbeit gewesen.
Los ging es an einem, uns eigentlich heiligen Sonntagmorgen. Mit zwei Bussen fuhren wir nach Putlos, einem Dorf an der Ostsee mit einem beachtlich großen Militärgebiet der Bundeswehr. Dann hieß es für die ca. 45 SchülerInnen des WiPo- und Nawi-Profils, begleitet von Frau Reich und Frau Feldmann: „Ab in die Kaserne!“. Vor Ort trafen wir den uns aus zwei Vorbereitungsveranstaltungen bereits bekannten Hauptmann und Jugendoffizier, Herrn Michael Picket, und dessen Kollegin Anne Malecha.
Uns SchülerInnen wurde für die zwei Nächte ein kompletter Kasernentrakt zur Verfügung gestellt. Wir erkannten, dass das Kasernengelände durchaus groß ist, denn es gab über 15 solcher Blöcke. Nachdem wir die Zimmer bezogen und uns häuslich eingerichtet hatten, wurde mit der Einweisung begonnen. Danach konnten wir am eigenen Leib erfahren, was es heißt, Politiker zu sein.
Das Planspiel hatte die Aufgabe, uns die politischen Abläufe auf globaler Ebene näherzubringen. Es gab sowohl einen UN-Generalsekretär als auch Institutionen wie die Weltbank und die Weltpresse. Zusätzlich verkörperten einige Schüler Vertreter verschiedener Nichtregierungsorganisationen wie beispielsweise „Greenpeace“. Den größten Teil haben die Vertreter der Mitgliedsstaaten der UNO ausgemacht. Da wir mit unseren Mitteln keine UNO mit aktuell 193 Mitgliedstaaten abbilden konnten, gab es im Planspiel lediglich 11 Länder, beziehungsweise Regionen, welche durch jeweils drei SchülerInnen vertreten wurden.
Weil wir zuvor den einzelnen Positionen per Los zugeordnet worden waren, konnte sich niemand aussuchen, welches Land oder welche Institution er vertreten möchte. Dies hatte den Hintergrund, dass man im echten Leben auch nicht nach Belieben entscheiden kann, mit welcher Staatsangehörigkeit man geboren werden möchte. Letztendlich hat sich also jeder mit dem ihm zugeteilten Land abfinden müssen. Einigen fiel das leichter (Zitat: „Cool, China! Wir haben mega viel Macht und werden die Weltherrschaft an uns reißen”). Und andere waren weniger zufrieden (Zitat: „Och nee, Afrika...Was sollen wir denn da ausrichten? Wir haben auf globaler Ebene doch so gut wie gar kein Mitspracherecht. Alles was wir tun können, ist, uns ausbeuten zu lassen!“) Lediglich die Ämter innerhalb der Ländervertretung konnte man individuell zuteilen. Somit gab es für jedes Land einen Regierungschef, einen Außenminister und einen Wirtschaftsminister. Diese waren mit Aufgaben vertraut, die den realen Arbeitsalltag eines Politikers widerspiegeln sollten. Unter anderem mussten Verhandlungen mit anderen Regierungen geführt werden. Die meißten SchülerInnen waren hochmotiviert, sodass sie selbst während der Essenspausen, in denen wir mit den Soldaten zusammen in der Mensa verköstigt wurden, nicht ihre Rolle ablegen konnten und die Gespräche um die aktuelle Situation des jeweiligen Landes kreisten.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Planspiel war es, Reden zu halten. Dafür stand uns ein richtiges Rednerpult samt Mikrofon zur Verfügung und jeder konnte seine eigenen rhetorischen Fähigkeiten testen. Im Anschluss an alle Reden gab es immer noch eine kurze Rückmeldung seitens der Spielleiter.
Man war um diplomatisches Auftreten bemüht und die meisten Länder verfolgten einen vernünftigen politischen Kurs. Dabei mussten auch Dinge beachtete werden wie die von der Weltpresse verlesene „POL&IS“-Schau, welche die UN-Mitgliedsstaaten über die Probleme, mit denen die jeweiligen Länder konfrontiert sind, aufklärte. Dazu gehörten vor allem innenpolitische Herausforderungen, wie die Fettsucht in Amerika oder das Verschwinden eines Wirtschaftszweiges in Russland. Es galt dann, gegen diese Missstände vorzugehen.
Hinzu kamen globale Herausforderungen, bei denen alle Länder gleichermaßen gefragt waren und sich engagieren konnten. Unter anderem waren Ebola und der Kampf gegen Terrorgruppen, wie zum Beispiel Boko Haram, ein Thema.
Am letzten Tag dann der Eklat: Trotz relativ guter Absicherung gegen Krieg in Form von (Verteidigungs-) Bündnissen kam es beinahe zu einem Weltkrieg. Angezettelt vor allem vom Regierungschef Nordamerikas, ging es bisweilen äußerst turbulent zu.
Laut den Leitern des Planspiels scheint sich dieses Szenario immer gleich abzuspielen. Vor allem die männlichen Schüler würden zu Kriegsstrategen und viele Länder strebten nach der Weltherrschaft. Allen voran zeigte sich bei uns Nordamerika besonders ambitioniert. Letztendlich konnte Südostasien durch Intrigen und Verbrüderung Nordamerikas mit Arabien, eingenommen werden. Am Ende konnte die Lage durch eine vom UN-Generalsekretär einberufene Sondersitzung doch noch beruhigt werden und der Weltkrieg, welcher sich angekündigt hatte, war eingedämmt.
Parallelen zur Realität machten sich an vielen Stellen bemerkbar. So gab es auch im Planspiel immer wieder Korruptionsvorwürfe. Meistens richteten sich diese gegen die Presse. Aufgrund einiger Absprachen mit Regierungen und Stimmungsmache beziehungsweise Parteiergreifung wurde unsere Weltpresse teils als „Lügenpresse“ bezeichnet. Auch andere Positionen, wie beispielsweise der UN-Generalsekretär, bekamen ihr Fett weg. Von diesen Anschuldigungen und öffentlichen Vorwürfen lebte das Planspiel, denn sie brachten frischen Wind hinein.
Letztendlich war der Großteil der Schüler von dem Konzept des Planspiels überzeugt und wir haben die Zeit in der Kaserne als wertvoll empfunden. Es war auch sehr interessant, die MitschülerInnen mal von einer anderen Seite kennenzulernen, denn einige haben beispielsweise ein besonderes Verhandlungstalent gezeigt, waren begnadete Redner und haben somit eine gute Figur hinter dem Rednerpult gemacht. Jeder hat individuelle Qualitäten und dies wurde im Rahmen des Planspiels sehr gut deutlich.
An dieser Stelle vielen Dank an Frau Feldmann und Frau Reich, welche unsere Teilnahme am Planspiel in die Wege geleitet haben!
Annika F., Q3.d