Schüler werden Literaten
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts litt Europa unter starken politischen Spannungen und Instabilitäten. Die wichtigsten Themen expressionistischer Gedichte sind die Großstadt, der Krieg, Weltuntergang, der Ich-Verlust oder auch Ich-Zerfall. Die expressionistische Literatur wird so zu einem Vehikel für eine Zivilisations- und Gesellschaftskritik. Das lyrische Ich ist oft von menschlicher Kälte, Großstadt-Anonymität und Einsamkeit geprägt. Viele Expressionisten spürten auch die politischen Spannungen und spürten den drohenden Krieg. So verfasste der Autor Jakob van Hoddis im Jahr 1911 ein Gedicht mit dem signifikanten Titel „Weltende“. Nach seinem Vorbild verfassten die SchülerInnen des Deutschkurses der Klassen Q4.b/c eigene Gedichte zum aktuellen Zeitgeschehen. Hier ein Besipiel von Tobias Reusch, der sich in seinem Gedicht mit dem Titel „Scheideweg“, kritisch und sensibel mit den Folgen des arabischen Frühlings beschäftigt.
Der Scheideweg
In einem Land am Fluss, da trug es sich vor,
da hob sich der Ruf nach Freiheit empor.
Revolution erfasste die Menschenmassen,
bis dieser Tyrann musste den Thron verlassen.
Die ganze Nation frohlockte vor Glück,
doch bald schon kehrten die Sorgen zurück.
Was sollte werden aus dem befreiten Land?
Wie war die Zukunft, wer führte die Hand?
Nicht alle im Land hatten die gleiche Idee
und so schmolz Friede wie in der Sonne der Schnee.
Denn welcher Weg eingeschlagen werden sollte
spaltete auf der Straße die wandelnde Meute
und die Frage der zukünftigen Gestalt
entfesselte bald Hass und Gewalt.
Und erneut die Frage: Was soll nun werden?
Ein Land in Krieg, Tod und Verderben?
Oder kann Dialog Gewalt ausmerzen,
ein Sieg von Frieden, Vernunft und Herzen?
(Tobias R. , Q.4b, August 2013)
V. Reich