Gemeinsames Tafeln


Im Vorbereitungsraum der Uetersener Tafel herrscht reges Treiben. Noch sind keine Kunden da, fünfzehn der insgesamt sechzig ehrenamtlichen Mitarbeiter sortieren die Nahrungsmittel, die die Tafel von Supermärkten, Bäckern oder aus Sammelboxen erhält. Sie überprüfen den Zustand der Spenden und sortieren sie in Kategorien ein.
Das haben wir, das WiPo-Profil des 13. Jahrgangs, uns genauer angesehen. In einem Vortrag erzählt uns der erste Vorsitzende der Uetersener Tafel, Adolf Bergmann, mehr: „Alles, was in der Gesellschaft an Lebensmitteln vernichtet werden würde, nehmen wir gerne an und geben es weiter.“ Denn durch die Tafel darf alles bis fünf Tage nach dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch verkauft werden.
Die Preise sind mehr symbolisch. Fünfzig Cent kostet eine Tüte, die durchschnittlich sieben Kilo wiegt. Etwa 25.000 dieser Tüten gibt die Tafel im Jahr aus. Um ihre Tüte zusammenzustellen, können die Kunden aus allem, was angeboten wird, auswählen. „Hier herrscht freie Auswahl, wie im Laden“, sagt Bergmann.
Alle Kunden, das sind finanzschwache Menschen, können einen Ausweis erhalten, um bei der Tafel einkaufen zu können. „Die Grenzen sind bei uns variabel, wir gucken uns immer an: Wer steht vor uns?“ Als Beispiel führt Bergmann einen alleinerziehenden Vater an. Dieser falle zwar mit seinem Einkommen nicht unter die Armutsgrenze, müsse sich allerdings noch um seine Kinder kümmern. Deshalb komme er mit dem Geld nicht aus und müsse die Hilfe der Tafel in Anspruch nehmen.
An den Ausgabetagen Montag, Mittwoch und Freitag kommen ungefähr 750 Menschen, darunter 100 Kinder, aus Uetersen, Tornesch und Umgebung. In Gruppen, die jeweils eine feste Zeit haben, holen sie ihre Lebensmittel ab. Zwar wird so geplant, dass jeder etwas bekommt, aber es kommt auch mal vor, dass nicht genug da ist. „Ostern, Pfingsten, Weihnachten – das sind die Tage, da brechen wir zusammen. Wir haben ja auch das Problem, dass wir nicht lange lagern können“, sagt Bergmann.
Ein weiteres Problem ist, dass einige Unternehmen die Tafel auch als Abfallbetrieb ausnutzen und ihren Müll der Tafel spenden, um die Entsorgungskosten zu sparen. Ungefähr neun 240-Liter-Tonnen kann die Tafel pro Woche mit unbrauchbaren Lebensmitteln füllen.
Das verursacht natürlich unliebsame Kosten, die sich die Tafel nicht leisten kann. 20.000 Euro jährlich kostet es die Tafel, sich selbst am Laufen zu halten. Um diese Kosten zu decken finanziert sie sich, zusätzlich zu den geringen Einnahmen, über Spenden. Die Stadt Uetersen stellt der Tafel außerdem das Gebäude und 5000 Euro im Jahr zur Verfügung. „Auch mit dem LMG verbindet uns etwas“, erzählt Bergmann, „das hat uns nämlich mit einer Spendenaktion 2200 Euro übergeben. Über so etwas freuen wir uns immer sehr.“
Aber ist es nicht eigentlich die Aufgabe des Sozialstaates, sich um die ausreichende Ernährung seiner Bevölkerung zu kümmern? Das haben wir auch Adolf Bergmann gefragt. Er stimmt uns zu: „Wir wollen mit unserer Tafel auch auf ein Handlungsfeld der Politik hinweisen. Meine Intention ist es, dass die Politik auf die Arbeit der Tafeln aufmerksam wird und sie dann irgendwann überflüssig sind.“


Hendrik P., Q3d