Was bleibt von der Schulzeit?
Tatsächlich kommt man im Berufsalltag in den meisten Fällen mit guten Rechtschreibkenntnissen und den Grundrechenarten bis hin zum Dreisatz aus. Interessant wird es immer dann, wenn neue Probleme auftauchen, für die man noch keine Lösung greifbar hat. In solchen Fällen merke ich, dass ich gelernt habe, mich in unbekannte Sachgebiete einzuarbeiten. Ob das alles an der Schule oder später an der Uni passierte, kann ich nicht mehr genau sagen. Aber: Auch wenn man manche Fächer gar nicht mag, kann man an ihnen üben, neue, unbekannte Inhalte zu verstehen, Strukturen zu erkennen und Ansätze für Lösungen zu finden. Probleme zu lösen, ist in den meisten Berufen die zentrale Aufgabe. Eine Fähigkeit, die weniger mit dem Unterrichtsstoff zu tun hat, die man an der Schule aber prima lernen kann, ist Kommunikation. Wer sein gesammeltes Know-how einmal an den Mann oder die Frau bringen will, muss wissen, wie man es macht. Referate sind eine gute Übung dafür. Wer seine Schularbeiten in der letzten Minute macht und das Ergebnis mündlich gut vortragen kann, ist auf das Berufsleben gut vorbereitet. Es muss allerdings auch Substanz hinter den Worten stecken. Kommunikation kann man natürlich besser in Fächern lernen, in denen es ums Sprechen geht, als in Mathe oder Chemie. Was in meiner Schulzeit schlecht funktioniert hat, war Gruppenarbeit. Meistens wurde der entstehende Freiraum genutzt, um sich mal in Ruhe über dies und das zu unterhalten. Vielleicht gibt es ja heute neue Ansätze. Die Fähigkeit zur Gruppenarbeit und allgemein soziale Kompetenz halte ich aus heutiger Sicht aber für sehr wichtig. Größere Aufgaben werden heutzutage fast nur im Team gelöst und auch wer ein guter Spezialist ist, muss andere überzeugen können. Soziale Kompetenz kann man beim Sport oder in der Freizeit erwerben, aber eben auch im Unterricht. Im Rückblick bleibt von der Schulzeit also weniger der Stoff hängen als die Fähigkeit, mit neu auftretenden Fragen und Problemen umzugehen, sie gemeinsam mit anderen zu bearbeiten und dafür Lösungen zu finden. Damit das Spaß macht, sollte man sich seine Schwerpunktfächer aussuchen können. Insofern empfinde ich die Einschränkung der Wahlfreiheit in der Oberstufe als Rückschritt. Wenn ich mir ein zusätzliches Fach an der Schule wünschen könnte, wäre es Rechtskunde, weil man vom Mietvertrag bis zu Vertrag von Lissabon wissen muss, wie Interessenausgleich funktioniert. Roland von Ziehlberg, Abitur 1986, Lehre als Verlagskaufmann, Studium der Agrarwissenschaften, Promotion, heute Verleger der Uetersener Nachrichten. Liebe Ehemalige, mit dieser Ausgabe haben wir zum ersten Mal einen Ehemaligen gebeten, Rückschau auf seine Schulzeit zu nehmen. Wir bedanken uns sehr bei Roland von Zielberg, der mit seinem Artikel vielleicht eine Reihe eröffnet hat. Würden auch Sie, wenn Ihre Schulzeit an der Ludwig-Meyn-Schule schon ein paar Jahre zurückliegt, einen Artikel darüber schreiben? „Was hat die Schule mir gebracht?“, ist eine interessante Leitfrage für alle, die heute mit Schule zu tun haben, und für Sie selbst vielleicht eine interessante Rückschau. Schule verändert sich permanent und Ihre Erfahrungen sind sehr wertvoll für den laufenden Diskussionsprozess. Wir freuen uns auf ein Vorgespräch. Ihre Redaktion Telefon: 04122/4 60 30 |